CAREkonkret Interview mit Oliver Radünz zum wachsenden Bedarf an Pflegeheimen
Der Hauptfokus liegt auf klassischen Pflegeheimen
Trotz steigender Nachfrage nach neuen Wohn- und Betreuungsformen sieht der Projektentwickler HBB aus Hamburg den Bedarf auch nach klassischen stationären Pflegeheimen „wachsend“. Auf welche Dienstleistungs-Qualität es dabei im Wettbewerb mit anderen Wohnformen ankommt, erzählt HBB-Geschäftsführer Oliver Radünz im Interview.
Interview: Darren Klingbeil
Hamburg // Die HBB Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH ist zum einen Projektentwickler von Einzelhandelsflächen und Einkaufszentren. Zum anderen entwickelt und realisiert sie Seniorenpflegeheime, die sie im eigenen Bestand hält und die ausschließlich von der Domicil Seniorenresidenzen SE aus Hamburg betrieben werden.
Ist das klassische Pflegeheim angesichts der Verbreitung neuer Wohn und Betreuungsformen ein Auslaufmodell?
Oliver Radünz: Die neuen Wohn- und Betreuungsformen führen aus unserer Sicht zu einer Ergänzung und Verbreiterung des Angebotes. Angesichts des in den meisten deutschen Städten auch langfristig bestehenden erheblichen Bedarfes an wohnortnaher pflegerischer Versorgung für alle Pflegegrade sehen wir den Bedarf an stationärer Pflege – und somit auch an klassischen stationären Pflegeheimen nicht nur hoch sondern auch wachsend. Entscheidend ist jedoch die richtige Standortwahl, eine genaue Standortanalyse und eine maßgeschneiderte Immobilie für den jeweiligen Standort – und das entsprechende Konzept des Betreibers. Für die HBB als langfristig orientierter Investor und Bestandshalter von 42 Pflegeheimen bedeutet dies unabhängig von aktuellen Trends, dass wir jede in Frage kommende Region, jede Stadt und jedes Viertel detailliert untersuchen, bevor wir uns engagieren.
Wie passt der Trend, neue Wohnformen in innerstädtischen Vierteln zu schaffen, zur Ausrichtung von HBB als Entwickler und Investor?
Wir sehen dies als Ergänzung an. Die HBB hat sich sehr erfolgreich auf stationäre Seniorenpflegeheime an Premium- Standorten spezialisiert. Wir bauen und investieren in innerstädtische Standorte, die mitten im Leben – so auch der Slogan unseres Betreibers Domicil – liegen. Beispielsweise haben wir 16 Standorte mitten in Berlin, drei in Frankfurt und zwei in München entwickelt. Mitten in gewachsenen urbanen Wohnvierteln. Die Entwicklung derartiger Standorte gelingt nur bei entsprechendem Fachknowhow, einer soliden Kapitalbasis im Hintergrund und einer Menge Durchhaltevermögen. Angesichts des Flächenbedarfes für unsere Einrichtungen und unserer Spezialisierung sehen wir in der Errichtung von klassischen stationären Pflegeheimen auch weiterhin unseren Hauptfokus.
Stellen auch Sie fest, dass infolge von Corona und insolvent gegangener Einzelhändler und Hotels das innerstädtische Flächenangebot wächst? Corona als Chance, mit Seniorenwohnen zurück in Innenstadtlagen zu gelangen?
In der Tat kann ein allgemein schwieriges oder ggf. krisenbehaftetes Wirtschaftsumfeld für eine Sozialimmobilie, die sich in einem teilgeregelten Pflegemarkt bewegt, und gegenüber anderen Immobiliennutzungsformen wie dem Wohnungsbau oder den von Ihnen angesprochenen Hotels im innerstädtischen Umfeld insbesondere im Grundstückspreiswettbewerb bestehen muss, auch eine Chance sein. Wir haben dies zumindest in den letzten 20 Jahren so wahrgenommen – und es ist erkennbar, dass derzeit nicht mehr für jede innerstädtische Fläche jeder Preis gezahlt wird. Wir schauen uns das genau an und werden darauf entsprechend reagieren. Auf jeden Fall sehen wir derzeit wieder vermehrt die Chance, auch in guten innerstädtischen Lagen Flächen zu erwerben als noch vor zwei oder drei Jahren. Für eine wohnortnahe Versorgung ist dies hilfreich, auch für einen innerstädtischen Nutzungsmix. In starken Immobilienmärkten ist auch die Kommunalpolitik gefragt, Flächen für soziale Nutzungen und insbesondere die stationäre Pflege explizit vorzusehen und zu reservieren. Nur so ist es in einigen Städten überhaupt möglich, Seniorenpflegeheime innerstädtisch im Preiswettbewerb mit anderen Nutzungsformen durchzusetzen. Dienstleistungsvielfalt – etwa im Bereich Speisenversorgung und Hauswirtschaft – zeichnen die von Ihnen entwickelten Häuser mit aus.
Wie plant man Serviceorientierung bei einem Projekt von Beginn mit?
Wichtig ist, dass vor dem ersten Planungsschritt, genau genommen bereits vor dem Ankauf des Grundstücks, klar überlegt wird, welches Konzept und welchen Anspruch man realisieren möchte. Wir sehen uns hier als Premium-Anbieter. Alle unsere Einrichtungen verfügen über eine eigene Küche, in welcher täglich frisch gekocht wird. Auch haben alle unsere Einrichtungen eine eigene Wäscherei. Letzteres ist ökologisch sinnvoll, da wir die Wäsche nicht durch halb Europa fahren, wir reduzieren Anlieferverkehr in innerstädtischen Wohnvierteln – und unsere Bewohner freuen sich, ihre Wäsche sehr zeitnah (und vollzählig) wieder zurückzubekommen. Standorte, an denen wir dieses wegen zu geringer Flächen nicht umsetzen können, lehnen wir ab.
Denken Sie Serviceorientierung auch in punkto Mitarbeiterschaft mit? Dass man bezahlbaren Wohnraum für Pflegekräfte gleich mit plant?
Neben dem Bewohner stehen vor allem die Mitarbeiter im klaren Fokus unserer gesamten Immobilienplanung. Die Arbeit in Seniorenpflegeheimen stellt eine erhebliche Herausforderung für die gesamte Mitarbeiterschaft da. Auch aus diesem Grund haben wir uns entschieden, im Seniorenpflegeheimbereich ausschließlich Neubauten zu errichten, da wir nur so ein qualitativ hochwertiges Arbeitsumfeld und die entsprechende Technik für die Mitarbeiter schaffen können. In stark angespannten Immobilienmärkten wie beispielsweise in München können wir uns auch den Bau von Mitarbeiterwohnungen vorstellen, wenn alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind.
Wie lautet Ihr Leistungsversprechen an den Betreiber, mit dem HBB zusammenarbeitet, und an die Kommunen?
Ein Schwerpunkt der HBB ist die Errichtung und das langfristige Investment in Seniorenpflegeimmobilien an ausgesuchten innerstädtischen Standorten. Wir achten auf eine ausgezeichnete Standortwahl, wir haben hohe Erwartungen an unsere Planer und achten mit unseren eigenen Architekten und externen Spezialisten zudem auf eine sehr gute Ausführung der Bauqualität. Die Immobilie soll zudem einen Mehrwert für die Bewohnerinnen und Bewohner eines Viertels über das pflegerische Angebot hinaus bieten, beispielsweise durch ergänzende Beratungsangebote, unsere Cafeteria mit dem Speisenangebot oder Veranstaltungen. Wir wollen nicht nur eine wohnortnahe pflegerische Versorgung schaffen, sondern auch einen infrastrukturellen Mehrwert – und das mit einer wohnlichen Immobilie.
In welchen Regionen planen Sie aktuell neue Objekte?
Unser Expansionsschwerpunkt liegt derzeit in Bayern, Hessen, dem Saarland und in Rheinland-Pfalz. Wir können uns aber auch vorstellen, weitere Einrichtungen in Berlin zu errichten. Im vierten Quartal werden wir unser 16. Seniorenpflegeheim in Berlin fertigstellen. Kürzlich haben wir eine Einrichtung mitten in Frankfurt fertiggestellt – hierzu haben wir ein Jahr lang einen viergeschossigen Hochbunker abgebrochen – und vor kurzem eine Einrichtung in Friedberg in Hessen in einem Villenviertel. Im Herbst stellen wir unser Seniorenpflegeheim in Bad Vilbel fertig, das wir in sehr enger Abstimmung mit der Stadt entwickelt haben. Baugenehmigungen liegen uns für Standorte in Coburg und Kempten vor, auch hier werden wir absehbar mit dem Bau beginnen. Ansonsten bauen wir derzeit in Saarbrücken und haben im Saarland weitere Standorte in Entwicklung. Gern möchten wir in München, in Franken und im Allgäu nachhaltig expandieren.
Über die HBB
Die HBB-Firmengruppe mit Sitz in Hamburg ist seit über 50 Jahren in der Immobilienbranche als Investor und Projektentwickler tätig. Bundesweit wurden Einzelhandels-, Büro-, Hotel-, Senioren- und Wohnimmobilien errichtet. Die HBB versteht sich als spezialisierter Investor mit dem Anspruch, langfristig erfolgreiche Werte zu schaffen. Die HBB ist ein inhabergeführtes Unternehmen und verfügt über ein gut ausgebildetes Team von mittlerweile über 100 Mitarbeitern.
Weitere Informationen:
Herr Oliver Radünz
Tel.: +49 (0) 40 600 907- 200
E-Mail: raduenz@hbb.de